Die Zeit des III. Reiches

Kommen wir nun zu einem Zeitraum in der Geschichte, an dem die Überlegungen und Diskussionen einsetzen, ob man über ihn berichten muß, oder ob man besser über ihn hinweggeht und sich darüber ausschweigt, die Zeit des III. Reiches. Wir haben uns entschlossen, auch diese Zeit einmal ausführlich und soweit es die Unterlagen erlauben, zu beleuchten, weil wir der Meinung sind, daß dieser Teil unserer Geschichte nicht in Vergessenheit geraten darf, da er im Bewußtsein der Jugend wachgehalten werden muß, damit sich so etwas nie wiederholen kann. Man muß an dieser Stelle aber auch sagen, daß die Wehr in dieser Zeit die Politik weitestgehend aus ihren Reihen herausgehalten hat und während der Kriegsjahre hervorragende Arbeit geleistet hat.

 

Gleichschaltung
Am 9. Juni 1933 fand im Kaisersaal eine außerordentliche Generalversammlung statt. Der einzige Tagesordnungspunkt: Gleichschaltung!
Nachdem es nicht gelungen war, am Spritzenhaus die Gleichschaltung kurz und bündig vorzunehmen, wie allgemein erwartet, wurde wegen zu großer Meinungsverschiedenheiten diese außerordentliche Generalversammlung anberaumt. Zugführer Tietje eröffnete die Versammlung und erklärte die Bereitschaft des Kommandos, ihre Ämter zwecks Gleichschaltung zur Verfügung zu stellen. Sturmbannführer Mesch, als Beauftragter der NSDAP, ordnet an, daß das Kommando seine Ämter zur Verfügung zu stellen hat. Er vertrat die Ansichten und den Standpunkt der NSDAP, daß es sich hauptsächlich um den Führer, also um Hauptmann Fock handelte. Das Problem bestand darin, daß Hauptmann Fock sich standhaft weigerte, in die Partei einzutreten. Aus den Reihen der Wehr wurde die Frage gestellt, ob es unbedingt erforderlich sei, daß der Hauptmann Mitglied der Partei ist, da dies bei anderen Organisationen auch nicht unbedingt der Fall sei. Der Sturmbannführer beantwortete diese Frage mit „Ja“
Daraufhin hielt Hauptmann Fock eine Ansprache an die Wehr, in der er den Kameradschaftsgedanken, das Pflichtbewußtsein in der Wehr, den Aufbau der Wehr in schwerer Zeit besonders hervorhob und sprach den Kameraden seinen Dank für die treue Gefolgschaft aus. Er lehnte es in dieser Rede aber noch einmal ausdrücklich ab, nur um seinen Posten zu behalten, Mitglied der Partei zu werden. Er bekannte sich als ehrlicher, aufrichtiger Mann und legte sein Amt nieder. Der kommissarische Bürgermeister der Stadt dankte anschließend dem zurückgetretenen Wehrführer für seine Verdienste um die Stadt Kellinghusen. Kamerad Ort wies darauf hin, daß es wohl kaum einen besseren Wehrführer als Hauptmann Fock geben könne, was von der Wehr mit Beifall bedacht wurde. Kamerad Wilkens dankte dem zurückgetretenen Wehrführer in längerer Rede für seine Arbeit, die ihren Ausklang fand in einem Hoch auf Hauptmann Fock. Eine anschließende Aussprache führte immer noch nicht zum Ziel. Es wurde der Vorschlag gemacht, daß das alte Kommando noch einmal mit Sturmbannführer Mesch beraten möge. Das Kommando, ohne Hauptmann Fock, trat sofort zusammen. Sturmbannführer Mesch wies noch einmal darauf hin, daß der Oberführer nach den Vorschriften unbedingt Parteimitglied sein müsse. Es entbrannte erneut eine heiße Diskussion, in deren Verlauf immer wieder auf die menschlichen und fachlichen Qualitäten des alten Wehrführers hingewiesen wurde. Nach langem Hin und Her kam eine Einigung zu Stande. Sturmbannführer Mesch bestimmte, daß der Versammlung die Vertrauensfrage gestellt werden solle, da die Wehr zu 80% aus Parteimitgliedern bestand. Bekommt Hauptmann Fock das Vertrauen der Wehr, so kann er in seinem Amt verbleiben. In seltener Einmütigkeit bestätigte die Wehr, daß der Wehrführer ihr volles Vertrauen besitze. Daraufhin setzte Sturmbannführer Mesch Hauptmann bzw. Oberführer Fock wieder in sein Amt ein. Auch das gesamte Kommando erhielt seine Posten zurück. Die Gleichschaltung war vollzogen!

Anschaffung von Hydranten
Nachdem das Wasserversorgungsnetz der Wassergenossenschaft ausgebaut worden war, wurden 1934 im ganzen angeschlossenen Stadtgebiet Hydranten für Löschzwecke eingebaut. Im Laufe der Jahre wurde die Löschwasserversorgung immer weiter vorangetrieben.

Die Neugliederung
Auf einer außerordentlichen Generalversammlung am 9. Februar 1934 stand auf der Tagesordnung die Umbildung der Freiwilligen Feuerwehr durch den kommissarischen Bürgermeister Herrn W. Burmester. Der Hauptmann eröffnete die außerordentliche Feuerwehrversammlung mit dem Feuerwehrgruß „Feuerwehr heil“. Die Versammlung dankte „Es lebe Deutschland“. Der Bürgermeister erläuterte die Notwendigkeit der Umbildung der Wehren und nahm alsdann die Umbildung der alten Wehr vor in „Freiwillige Feuerwehr Kellinghusen e.V.“ und setzte dann den bisherigen Hauptmann Julius Fock zum vorläufigen Wehrführer ein, bis zum Eintreffen der Bestätigung. Der Hauptmann bedankte sich für das Vertrauen und nahm den Posten als Wehrführer an. Er sprach noch über einige Paragraphen und endete mit den Worten: „Bis zum Eintreffen der Satzung bleibt in unserer Wehr alles beim Alten.“ Der Kassenbestand von RM 7,81 geht auf die neue Wehr über.
Unter Punkt Verschiedenes bewilligte der Zugführer Tietje zwei Glas Bier aus der Kameradschaftskasse.

Folgen der Neugliederung
Mit der Neugliederung der Wehr wurde auch das Alter der Kameraden festgesetzt. Die Mitglieder der Wehr müssen mindestens 18 Jahre und höchstens 60 Jahre sein. Deshalb mußten ältere Kameraden frühzeitig zu Ehrenmitgliedern der Wehr ernannt werden.

Schulungsabend
Auf einem Schulungsabend am 24. Februar 1936 im Kaisersaal stand unter anderem auf der Tagesordnung ein Vortrag „Nationalsozialistische Weltanschauung“. Der Wehrführer eröffnete um 20.15 Uhr den Schulungsabend mit dem Feuerwehrgruß und begrüßte besonders den Ortspolizeiverwalter und die Ehrenmitglieder. Er erteilte dem Ortsbauernführer, Kameraden Löschmeister Mohr, das Wort zum Vortrag. In plattdeutscher Mundart und leicht verständlicher Weise erklärte der Vortragende Wesen, Art, Zweck und Ziel des Nationalsozialismus und seine Bedeutung für das deutsche Volk. Er griff die Rassenfrage auf und die Notwendigkeit der zum Schutz des deutschen Blutes erlassenen Gesetze. Behandelte eingehend die Bauern- und Siedlerfrage und ihre Bedeutung für die Ernährung des deutschen Volkes sowie das Erbfolgegesetz und das Reichsnährstandsgesetz. Er sprach weiter über die Reichsarbeitsbeschaffung und deren Folgen für die Bevölkerung und über die Wiedereinführung der Wehrpflicht und über die Stellung der Feuerwehr im deutschen Reich.

Flugzeugabsturz
Am 5. Mai 1937 stürzte ein Flugzeug auf Kellinghusen ab und richtete große Schäden bei der Fleischwarenfabrik Schümann an. Es gelang der Wehr, den Benzinbrand mit Wasser zu bekämpfen. Andere Löschverfahren (Schaum) standen der Wehr nicht zur Verfügung. Aufgrund dieses Einsatzes und eines Benzinbrandes auf dem eigenen Werksgelände im Jahr 1938 spendete die Färberei Junge Geld zur Anschaffung eines Löschschaumgerätes.

Aufzeichnungen aus den Jahren 1937 bis 1947
An dieser Stelle zitieren wir das Protokollbuch fast wörtlich und ergänzen und vervollständigen nur in kleinen Teilen:
„Um späteren Generationen die Unterbrechung der so sorgsam geführten Niederschriften der Freiwilligen Feuerwehr Kellinghusen während der Jahre 1937 bis 1947 verständlich zu machen, um die großen Ereignisse der Kriegsjahre in Bezug auf das Feuerwehrwesen festzuhalten und die fehlenden Jahre zu überbrücken, werde ich als Schriftführer versuchen, in kurzen Worten das Wichtigste und Bedeutungsvollste aus den fehlenden Niederschriften zu berichten.
Die großen politischen Ereignisse in Deutschland in den Jahren um 1930 brachten auch in den Feuerwehren Kämpfe und einschneidende Neuerungen, wie schon aus den Niederschriften bis 1937 zu ersehen ist. Der verdiente Kreisbrandmeister Johannes Evers, Itzehoe, mußte 1938 wegen Erreichens der Altersgrenze (65 Jahre) seinen Posten abgeben, an den Kameraden Johannes Ahmling, Kaaks, einem ausgesprochenen Parteimitglied der NSDAP. Damit trat im Feuerwehrwesen das absolute Führerprinzip und die immer größer werdende Anlehnung und Angleichung an das Militär, an Polizei und SS in Erscheinung. Dank der geschickten Führung der Feuerwehr Kellinghusen durch Hauptmann oder Wehrleiter Fock wurden Härten, Hader und Streit vermieden, vor allen Dingen wurde die Politik aus den Reihen der Wehr ferngehalten. Was von der Partei, in den Jahren die höchste Instanz, befohlen und angeordnet wurde, mußte gemacht werden und wurde auch gemacht. Der 1939 beginnende Krieg schlug naturgemäß gewaltige Lücken in die Reihen der Feuerwehr. In kurzer Zeit wurde die größere Hälfte der Kameraden und gerade die jüngeren, tatkräftigen zum Wehrdienst eingezogen, und nur durch zwangsweise Einberufung von älteren, wehrdienstuntauglichen und ganz jungen Männern (Hitlerjugend), ja sogar von kräftigen jungen Mädchen, konnte der Feuerwehrbetrieb aufrechterhalten werden. Immer größer wurden im Verlauf des Krieges die Anforderungen an die Feuerwehr. Dauernde, immer gewaltiger werdende feindliche Luftangriffe auf unsere Städte und sogar Dörfer brachten tägliche Alarmierungen und ständige Bereitschaft, aber auch eine forcierte Ausrüstung fast aller Wehren mit Kraftspritzen und einem energischen Ausbau brauchbarer Löschwasserstellen. Große Katastrophen und Feuersbrünste bedingten innerhalb des Kreises und auch außerhalb den Einsatz unserer Wehr, zum Beispiel in Hamburg, Kiel, Elmshorn, Wilster, Ostermoor, Neumünster. In Hamburg dauerte der Einsatz eine Woche, während der sich drei Bereitschaften ablösten. Unsere Heimatstadt blieb glücklicherweise fast ganz verschont. Wo auch die Kameraden eingesetzt wurden, haben sie unter ständiger Lebensgefahr (Flieger) ihr Pflichtbewußtsein bewiesen und geholfen, soweit Menschenkraft es gegen diese Gewalten vermochte. Auch in Sturm und Wassernot waren Einsätze erforderlich, wie überhaupt die Feuerwehr so ziemlich das Mädchen für Alles wurde, Luftschutz, Polizei usw.
Die Feuerwehrmänner waren fast mehr auf ihren anbefohlenen Stationen als in ihrem Betrieb, da die feindlichen Fliegerstaffeln Tag und Nacht über uns hinwegflogen. Der Zusammenbruch unseres Vaterlandes im Jahre 1945, die damit verbundene Besetzung durch die Siegermächte, hier bei uns in Schleswig-Holstein durch die Engländer, zerschlug alles Bestehende. Jegliches Vereinswesen wurde verboten, alles, was an die NSDAP erinnerte, verfolgt. Nur die örtlichen Feuerwehren waren die einzige Organisation, die von der Militärregierung geduldet und gewissermaßen sogar gefördert wurde“.
Elf Kameraden der Wehr haben im Zweiten Weltkrieg ihr Leben verloren: Theo Hoops, Johs. Hachmann, Otto Pumps, Hans Rehder, Johannes Rehder, Paul Rühmann, August Schröder, Hans Siewers, Walter kaeding, Hinrich Sachau.
„Die durch die politische Umstellung von NSDAP auf Demokratie hervorgerufenen, sogenannten Bereinigungsaktionen schlug wiederum schwere Lücken in die Reihen der Feuerwehren. Verdiente, bewährte Kameraden mußten wegen ihrer früheren Parteizugehörigkeit aus dem Feuerwehrdienst scheiden, obwohl im Feuerwehrwesen niemals Politik betrieben worden war. Auch der Kreisbrandmeister Ahmling fiel dieser Bereinigungsaktion zum Opfer und an seine Stelle trat unser Wehrleiter Julius Fock, der im Einvernehmen mit der Militärregierung vom Herrn Landrat 1945 mit der Führung der Feuerwehren des Kreises Steinburg beauftragt wurde. Damit verloren wir unseren allgemein beliebten und verehrten Kameraden und seit 19 Jahren Führer der Wehr aus unseren aktiven Reihen, und unser Kamerad Otto Schäfer wurde im Dezember 1945 auf demokratischer Grundlage zum Führer der Freiwilligen Feuerwehr Kellinghusen gewählt. Schnüffeleien verschiedener Kellinghusener Parteibonzen veranlaßten den Vorstand die Niederschriften der Jahre 1937 bis 1945 und anderen Unterlagen (Personalblätter, Feuerwehrgruß usw.) zu vernichten, um dadurch manchen Kameraden gegen unangenehme Machenschaften zu schützen. Damit wäre die allgemeine Übersicht beendet und ich berichte jetzt das Wichtigste aus den vernichteten Niederschriften in Schlagzeilen.

1938
Einführung von Schießen, Singen, Fußdienst und politischen Schulungsabenden. Feuerwehrtechnische Schulungsabende und Übungen am Sandkasten waren sehr beliebt. Ebenfalls die seitens des Kreisfeuerwehrverbandes eingerichtete Kreisfeuerwehrschule.

1939
Kameradschaftsabend wegen Maul- und Klauenseuche verboten. Feuer bei Stille, Bergstraße, Brandstiftung. Menschen in Gefahr und gerettet. Kamerad Kragke wegen besonderer Bewährung befördert. Auflösung der Kreis- und Provinzialfeuerwehrverbände. Anschluß an Polizei und SS, Bezeichnung jetzt Feuerschutzpolizei.

1940
Neues Feuerlöschgesetz, große Vereidigung auf den Führer. Unser Wehrführer Julius Fock zum stellvertretenden Kreisbrandmeister ernannt. Ergänzung des Mannschaftsbestandes durch 20 Hitlerjungen.

1941
Zwangseinweisung älterer Jahrgänge als Hilfsmannschaften. Eine Abteilung aktiver Feuerschutzpolizei in Kellinghusen stationiert (Berufsfeuerwehr). Der Zweckverband, der 1924 zum Kauf und zur Unterhaltung der Automobilfeuerspritze gegründet worden war, konnte 1941 aufgelöst werden. Seitdem trägt die Stadt die Kosten der Feuerwehr allein.

1942
Feuer in der Lehmbergstraße (Pleßburg), in Zusammenarbeit mit der Feuerlöschpolizei das Feuer bekämpft. Neues Gerät LF8, Löschfahrzeug mit 800 Liter (Wasser) und Gerät.

1943
Aufstellung von Feuerwehrbataillonen. Eine Bereitschaft Kellinghusen, Lockstedter Lager, Führung Kamerad Schäfer, Kellinghusen. Einrichtung von Frauenabteilungen. Einsatz unserer Bereitschaftsgruppe in Hamburg. In der Nacht vom 24. auf den 25. Juli 1943 begann die Schreckenswoche für die Großstadt Hamburg, in der diese, in sich immer wiederholenden nächtlichen, feindlichen Fliegerangriffen, mit Spreng- und Brandbomben systematisch zum großen Teil vernichtet wurde. Schon am Sonntag in der Früh wurde die Bereitschaft Steinburg und mit ihr unsere erste Gruppe unter Führung von Kamerad Harder alarmiert und rückte ab nach Hamburg. Im Laufe der Woche Ablösung der Mannschaften, der Bereitschaft durch die zweite Gruppe unter Führung des stellvertretenden Kreisbrandmeisters Fock. Unsere Gruppe unter Kommando Burmester, einer dritten Gruppe unter Kamerad Gödicke. Die Bewährung der Freiwilligen Feuerwehr wird von hohen und höchsten Stellen anerkannt, Orden und Ehrenzeichen verliehen.“

1945 – 1948
Zusammenbruch des Krieges und unseres Vaterlandes. Besatzung durch die Siegermächte, hier bei uns Engländer. Als einzige Organisation wurde die Feuerwehr noch geduldet und für alle möglichen Zwecke verwendet, Polizeidienst usw. Das gesamte Vereinsleben wurde verboten, die Tätigkeiten der Feuerwehren gelähmt. Der Zusammenhalt war erschüttert, bis dann unser Wehrführer Julius Fock vom Herrn Landrat Rode im Einverständnis mit der Militärregierung zum Kreisbrandmeister ernannt wurde. Er erhielt den Auftrag das Feuerwehrleben des Kreises Steinburg zu erhalten bzw. neu aufzubauen und die Feuersicherheit der Gemeinden und des Kreises zu gewährleisten. Wenn sein Scheiden für die Freiwillige Feuerwehr Kellinghusen in dieser kritischen Zeit auch ein schwerer Schlag war, so müssen wir doch dankbar sein, daß es seiner Persönlichkeit und seiner unermüdlichen Arbeit gelungen ist, den Zusammenhalt der Feuerwehren im Kreise Steinburg zu erhalten und weiter auszubauen. Bis dann 1948 der alte Kreisfeuerwehrverband offiziell wieder gegründet werden konnte.